Mehrwertdienste: Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Telefonkunden

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat ein weiteres Urteil gefällt, das die Rechte von Telefonkunden deutlich stärkt. Die Richter stellten fest, dass Telefongesellschaften Verbindungen zu Mehrwertdiensten wie der 0900 nicht mehr einfach so abrechnen dürfen, wenn ihr Kunde berechtigte Einwendungen gegen den zusätzlichen Dienst erhebt. Damit revidierte der BGH sein berühmtes „Telefonsex-Urteil“ aus dem Jahr 2001, das vor allem Opfern unseriöser Dialer das Leben schwer gemacht hatte.

Bisher war das Inkasso für Telefongesellschaften bei Mehrwertdiensten wie 0190 oder 0900 einfach. Sobald eine Verbindung über die Nummer zustande kam, forderten Telekom & Co bei ihren Kunden einfach das Entgelt nach Preisliste ein. Einwendungen des Kunden gegen den Mehrwertdienstanteil wurden in der Regel nicht berücksichtigt. Begründung: Man habe ja die Verbindungsleistung erbracht.

Grundlage dafür war eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2001. Damals hatten die Karlsruher Richter eine klare Trennung zwischen der Verbindungsherstellung und dem Mehrwertdienst vorgenommen. Für die Verbindung sei die Telefongesellschaft verantwortlich, für den zusätzlichen Dienst (in diesem Fall ein Erotikangebot) der Dienstanbieter. Wenn sich der Kunde gegen den Dienst beschwert – zum Beispiel, weil er auf einen unseriösen Dialer hereingefallen war oder nicht das Versprochene bekam – dürfe er dafür nicht die Telefongesellschaft verantwortlich machen. Die könne also trotzdem das Geld kassieren.

„Unangemessene Benachteiligung“

Genau diese Rechtsprechung (Entscheidung vom 22.11.2001, Az. III ZR 5/01) hat der BGH jetzt selbst revidiert. Teilnehmernetzbetreiber müssten sich „die im Verhältnis des Kunden zu dem Drittanbieter bestehenden Einwendungen entgegenhalten lassen“, stellte der III. Senat fest. Eine andere Regelung wäre unwirksam, „da sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Teilnehmernetzbetreibers führen würde.“ Die Richter begründeten das vor allem mit einer Neuregelung des Telekommunikations-Kundenschutzgesetzes aus dem Jahr 2002. Demnach müssen Netzbetreiber ihre Kunden in der Rechnung darauf hinweisen, dass sie begründete Einwendungen gegen einzelne in der Rechnung gestellte Forderungen erheben können. Grundgedanke dieser gesetzlichen Regelung sei gewesen, dass sich Rechnungsersteller über begründete Einwendungen des Rechnungsempfängers nicht hinwegsetzen dürfen.

Genau diesem Gedanken trug der II. Senat in seiner aktuellen Entscheidung (III ZR 58/06) Rechnung. Das bedeutet in der Praxis, dass es Telefongesellschaften künftig nicht mehr ignorieren dürfen, wenn Kunden Widerspruch gegen abgerechnete 0900-Dienste einlegen. Sie müssen sich diese Einwendungen zurechnen lassen und sich damit beschäftigen. Wichtig: Auch die im Inkassofall oft eingeschalteten Rechtsanwälte können sich nicht mehr so ohne Weiteres auf die „Telefonsex-Entscheidung“ des BGH berufen wenn sie versuchen, Forderungen für Mehrwertdienste-Verbindungen einzutreiben.

Im konkret entschiedenen Fall wies der BGH mit dieser Begründung einen Streit um 0190-Verbindungen in Höhe von 28.613 Mark (14.600 Euro) an die Vorinstanz zurück.