Streit um die Vorratsdatenspeicherung: Das müssen Sie jetzt wissen

Kommt die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland? Der politische Streit um die Speicherung von Internet- und Telefonverbindungen tobt – zumal auch die Europäische Union Druck macht. Computerbetrug.de fasst zusammen, um was es eigentlich geht.

Vorratsdatenspeicherung – was ist das?

Bei der Vorratsdatenspeicherung (VDS), wie sie derzeit im Gespräch ist, sollen unsere sämtlichen Internet- und Telefonverbindungen für eine bestimmte Zeit bei den Telekommunikationsfirmen gespeichert werden. Die Rede ist von bis zu sechs Monaten. Mit diesen Daten lässt sich – auch im Nachhinein – genau herausfinden, wer mit wem wann telefoniert hat, wer sich wann wo am Telefon oder Computer aufhielt, wer wann welche Internetseiten besucht hat. Die Daten sollen „anlassunabhängig“ gespeichert werden, also von uns allen und ohne besonderen Grund – damit Ermittlungsbehörden sie gegebenenfalls anfordern können.

Was soll die Vorratsdatenspeicherung bringen?

Sie soll die Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung verbessern. Befürworter der Vorratsdatenspeicherung sagen, ohne diese Daten könnten viele Straftaten nicht aufgeklärt werden. „Im Bereich der Terrorismusbekämpfung oder der organisierten Kriminalität, auch hinsichtlich der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet oder im Zusammenhang mit Betrugsdelikten bieten die Verkehrsdaten häufig den einzigen Ermittlungsansatz“, sagt etwa Uwe Schünemann, der niedersächsische Innenminister (CDU).

Was sagen die Kritiker der Vorratsdatenspeicherung?

Sie sagen, die Zahl der aufgeklärten Straftaten sei ohne Vorratsdatenspeicherung ebenso hoch wie mit Vorratsdatenspeicherung. Zudem sei eine freie und offene Kommunikation für unsere Gesellschaft wichtiger als der Versuch, möglichst jede Straftat zu verhindern. Ein Überwachungsstaat, in dem jeder unter Generalverdacht gestellt wird, müsse verhindert werden.

Werden die Verbindungsdaten bisher nicht gespeichert?

Doch. die Telekommunikationsfirmen speichern Verbindungsdaten auch heute schon. Manche nur ganz kurz, einige über mehrere Tage hinweg. Gestritten wird derzeit vor allem darum, wann und unter welchen Vorbedingungen der Staat auf diese Daten zugreifen darf.

Warum wird gerade jetzt wieder über die Vorratsdatenspeicherung gestritten?

Die Europäische Union hat schon vor längerer Zeit mit der EG-Richtlinie 2006/24 ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) erlassen. Diese sieht die sechsmonatige Speicherung der Daten vor und wurde inzwischen von vielen Ländern auch umgesetzt. In Deutschland nicht. Deshalb hast die EU Deutschland nun ein Ultimatum gesetzt. Wenn die Speicherung bei uns nicht so umgesetzt wird, droht die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren. In der Folge drohen Deutschland möglicherweise Strafzahlungen.

Aber hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung 2010 nicht gekippt?

Ja, aber nicht grundsätzlich. Die Richter erklärten nur das damals eingeführte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und forderten, dass es in mehreren Punkten nachgebessert werden muss.

Wie steht die Regierungskoalition zur Vorratsdatenspeicherung?

Etwas überspitzt gesagt: Die Union ist dafür, die FDP dagegen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) möchte die Daten nicht mehrere Monate speichern, sondern schlägt stattdessen das Quick-Freeze-Verfahren vor: Demnach sollen die Daten sieben Tage gespeichert werden  dürfen. sobald die Polizei einen konkreten Tatverdacht gegen jemanden hat, soll sie die Telefon- und Internet-Daten „einfrieren“ lassen und anfordern dürfen.

Das Innenministerium unter Minister Hans-Peter Friedrich sieht das anders. Er will eine anlassunabhängige Speicherung der Daten für sechs Monate. Speichern will er, so berichtet das Blog netzpolitik.org:

Für jeden Telefonanruf und jede SMS:

  • wann wer mit wem kommuniziert hat
  • welche Geräte dabei genutzt wurden
  • in welcher Funkzelle man dabei war

Für jede E-Mail:

  • wann wer mit wem gemailt hat
  • welche IP dabei genutzt wurde
  • welche IP bei jedem einzelnen Abruf eines Postfachs genutzt wurde

Und bei jeder Internetverbindung, wann wer welche IP hatte.

Piratenpartei, Linke und Grüne sind gegen eine Vorratsdatenspeicherung.

 

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