Abmahn-Missbrauch und Telefonwerbung: Neues Anti-Abzocke-Gesetz verabschiedet

Kurz vor der Bundestagswahl hat der Bundesrat am Freitag ein neues Gesetz gegen Abzocke durch Telefonwerbung, Inkassofirmen und Massen-Abmahner verabschiedet. Das Gesetz dürfte Verbraucher tatsächlich besser schützen. In einem Punkt allerdings wurde ein Fehler gemacht.

Das neue Anti-Abzocke-Gesetz soll auch gegen überteuerte Abmahnungen wirken. Bild: fovito/fotolia.com

Das neue Anti-Abzocke-Gesetz soll auch gegen überteuerte Abmahnungen wirken. Bild: fovito/fotolia.com

Das sogenannte Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken enthält ein ganzes Maßnahmenpaket zum Schutz der Verbraucher. Die wichtigsten Punkte:

Gegen Abzocke bei Telefonwerbung

Mit dem neuen Gesetz sind Verträge über Gewinnspieldienste nur noch dann wirksam, wenn sie schriftlich abgeschlossen werden. Damit kann ein solcher Vertrag niemandem mehr am Telefon untergeschoben werden. Die Bußgelder für verbotene Telefonwerbung (sogenannte „Cold-Calls“) wurden erhöht. Außerdem kann verbotene Telefonwerbung künftig auch dann bestraft werden, wenn sie über automatische Anrufmaschinen erfolgt. Bisher waren Strafen nur dann möglich, wenn echte Menschen anriefen.

Gegen Abzocke durch dubiose Inkassofirmen

Früher kam es oft vor, dass fragwürdige Inkassofirmen Fantasieforderungen erhoben, oft auch im Auftrag von Briefkastenfirmen. Von jetzt an muss das Inkassounternehmen klarmachen, in wessen Auftrag es arbeitet, worauf die geltend gemachte Forderung beruht und wie sich die Inkassokosten berechnen. Außerdem sind nur noch Inkassokosten in der Höhe erlaubt, in der sie auch ein Rechtsanwalt erheben würde. Aufsichtsbehörden bekommen zudem neue Möglichkeiten, gegen unseriöse Inkassofirmen vorzugehen – unter anderem auch mit höheren Bußgeldern.

Gegen überteuerte Abmahnungen

Massenabmahnungen sind ein Millionenmarkt. Diverse Anwälte haben sich darauf spezialisiert, Verbraucher wegen Urheberrechtsverstößen abzumahnen und dabei auf einen Schlag mehrere hundert Euro zu kassieren. Allein im Jahr 2011 wurden nach einer statistischen Erhebung des Vereins gegen den Abmahnwahn e.V. über 218 000 Abmahnungen mit einem Gesamtforderungsvolumen von über 165 Millionen Euro versandt.

Künftig dürfen Abmahner für die erste Abmahnung bei privat handelnden Nutzern „nur noch“ knapp 148 Euro kassieren. Außerdem muss der Abgemahnte klar und eindeutig erkennen können, wessen Rechte er wodurch verletzt haben soll, wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden. „Er wird hierdurch besser in die Lage versetzt, zu erkennen, inwieweit die Abmahnung berechtigt ist, oder nicht.“, so das Bundesjustizministerium. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, kann in Zukunft selbst Ansprüche gegen den Abmahner geltend machen. Und, besonders wichtig: Wer sich gegen eine urheberrechtliche Abmahnung wehrt, muss künftig an seinem Wohnort verklagt werden. Der „fliegende Gerichtsstand“, bei dem sich ein Abmahner einen Gerichtsstand aussuchen kann, wird abgeschafft.

Ein Problem bei den Abmahnungen besteht weiter

Ob die Deckelung der Abmahnkosten tatsächlich wirksam sein wird, bleibt abzuwarten. Denn im Gesetz wurde auch festgehalten, dass für eine Abmahnung trotzdem noch höhere Gebühren kassiert werden dürfen, wenn diese „nach den besonderen Umständen des Einzelfalles“ angemessen sind. Es ist nicht auszuschließen,  dass genau das in Zukunft immer wieder versucht werden wird. „Denn die Rechtsprechung, besonders der Bundesgerichtshof, machen diese “besonderen Umstände” immer wieder zur Regel statt zur Ausnahme“, stellt etwa Andre Meister bei netzpolitik.org fest. Damit sei eingetreten, „was wir befürchtet haben: Die Abmahn-Freunde von Lobby und Kulturstaatsminister Neumann haben eine effektive Deckelung von Abmahnungen verhindert.“