Filesharing: Kein Auskunftsanspruch gegen Internetprovider

Seit 1. September haben Rechteinhaber einen Auskunftsanspruch gegen Internetprovider. Die Provider müssen Nutzerdaten herausgeben, wenn – etwa beim Filesharing – gegen das Urheberrecht verstoßen wurde. Eigentlich. Denn kaum zwei Wochen später hat das erste Gericht den Auskunftsanspruch schon verneint.

Geklagt hatte ein Rechteinhaber, dessen urheberrechtlich geschütztes Computerspiel über ein Filesharing-Netzwerk zum Download angeboten wurde. Über ein „Antipiracy-Unternehmen“ ließ das Unternehmen ermitteln, von welchen IP-Adressen aus das Spiel im Internet angeboten wurde. Mit diesen IP-Adressen verlangte das Unternehmen vom Internetprovider, zu dessen Adressbereich die IP-Adressen gehörten, die Herausgabe der Daten der Betroffenen nach Maßgabe des zum 1. September 2008 in Kraft getretenen § 101 Abs. 9 UrhG. Der Provider, ein bekannter Internetprovider, lehnte die Herausgabe der Daten ab. Daraufhin beantragte der Rechteinhaber eine gerichtliche Entscheidung.

Anschlussinhaber für Anschluss verantwortlich?

Die Firma begründete ihren Anspruch damit, dass die Inhaber der IP-Adressen für ihre Anschlüsse verantwortlich seien, selbst wenn die Rechtsverletzung nicht von ihnen selbst, sondern durch Dritte vorgenommen wurden, die den Internetanschluss (mit-)nutzten. Außerdem sei hier eine Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht worden, da es sich um ein aktuelles Spiel handle und dieses anderen Internetnutzern zum Download angeboten wurde.

Der Internetprovider – vertreten durch Rechtsanwalt Elmar Kloss von der Kanzlei Caspers-Mock in Koblenz – führte dagegen an, dass die von dem Antipiracy-Dienstleister eingesetzte Software nicht „ausnahmslos korrekt“ arbeite. Fehler, Fehlbedienungen und Manipulationen seien nicht auszuschließen. Außerdem könne nicht allein durch das Anbieten der Dateien auch tatsächlich davon ausgegangen werden, dass die Dateien auch heruntergeladen werden können. Und überhaupt gebe es keine geeigneten Schutzmöglichkeiten, um die Installation und Nutzung einer Tauschbörsensoftware bei einem (Mit-)Nutzer eines Internetzugangs zu verhindern.

Auskunftsanspruch durch Gericht abgelehnt

Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) lehnte in einem Beschluß vom 15. September 2008 (Az. 6 O 325/08) – der computerbetrug.de vorliegt – den Auskunftsanspruch ab. Zunächst einmal bestanden nach Ansicht des Gerichts „nicht unerhebliche Zweifel“, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Anschlußinhaber auch wirklich die Rechteverletzer waren. So sei es gerade auch Betreibern öffentlicher Hotspots – egal ob diese kostenlos oder gegen Bezahlung angeboten werden – nicht zuzumuten, den Zugang durch Verschlüsselung zu schützen. Schließlich sei es ja gerade Zweck des Hotspots, „einen Internetzugang für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung zu stellen, ohne auf das individuelle Surf- oder Downloadverhalten des jeweiligen Nutzers entscheidenden Einfluß nehmen zu können“.

Gewerbliche Nutzung erst ab 3.000 Musikstücken oder 200 Filmen

Darüber hinaus sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechteverletzungen in gewerblichem Ausmaß erfolgt seien. Grundsätzlich ergebe sich eine Gewerbsmäßigkeit des Angebots aus Anzahl und Art der angebotenen Titel. Von einer gewerblichen Nutzung sei nach der herrschenden Praxis ab rund 3.000 angebotenen Musikstücken oder etwa 200 Filmen auszugehen.  „Weder für eine Planmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Handelns der Betroffenen, noch für eine Gewinn- oder Einnahemerzielungsabsicht oder eine nach außen deutlich werdende Teilnahme am Erwerbsleben sind irgendwelche Anhaltspunkte aufgezeigt werden oder sonst erkennbar“, so die Richter. Sie gingen in ihrem Beschluß wörtlich davon aus, dass der neu geschaffene Auskunftsanspruch gegenüber privaten Nutzern von Tauschbörsen „regelmäßig nicht greifen wird“.

Der Beschluß ist nicht rechtskräftig. Rechtsanwalt Elmar Kloss ging im Gespräch mit computerbetrug.de davon aus, dass der Antragsteller Rechtsmittel einlegen wird.

Sollte der Beschluß in der vorliegenden Form rechtskräftig werden oder durch ein höheres Gericht bestätigt werden, so wird zumindest die Position von Betreibern privater öffentlicher HotSpots gestärkt. Bislang wurde von den Rechteinhabern oft argumentiert, dass hier zumindest von einer Störerhaftung auszugehen ist. Das Gericht schränkt diese pauschale Argumentation in seiner Begründung deutlich ein.

Keinesfalls aber sollte der Beschluß als Freibrief zur Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials mißverstanden werden. Unabhängig von dem vorliegenden Beschluß handelt es sich bei der unerlaubten Verbreitung urheberrechtlich geschützer Titel um einen Verstoß nach dem Urhebergesetz. Dieser ist mit Strafe bedroht und begründet einen Schadenersatzanspruch des Rechteinhabers.