Ministerin: Mobilfunkbetreiber sollen aus Handy Payment aussteigen

Kaum in Deutschland eingeführt, gerät das Zahlungsmittel Handy Payment unter Druck. Angesichts zunehmender Beschwerden über den Missbrauch dieses Systems hat Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast die Mobilfunkbetreiber aufgefordert, aus diesem System auszusteigen. „Die Mobilfunkunternehmen dürfen sich an dieser Stelle nicht zu Inkassounternehmen machen“, erklärte Künast gegenüber dem ARD-Magazin Plusminus.

Vor gut zehn Wochen löste das Handy Payment auf vielen Internetseiten die 0900-Dialer als Abrechnungsmittel ab. Nachdem für Dialer strengere Regeln in Kraft traten (Dialerschutz.de berichtete), stiegen viele Betreiber auf dieses neue System um. Darunter waren auch dubiose Anbieter, die nur eines im Sinn hatten und haben: das schnelle Geld. Vor allem auf Webseiten, die sich speziell an Kinder richten, wird jetzt statt Dialern die Bezahlung über Handy angeboten – eine Schuldenfalle. Denn über Handy Payment-Abonnements können bis zu 300 Euro im Monat fällig werden, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wird. Hinzu kommt dabei, dass oft nicht klar und deutlich über die anfallenden Kosten informiert wird, und die Kündigung eines Abos nicht über das Handy, sondern nur über das Internet möglich ist.

Im gemeinsamen Forum von Dialerschutz.de und Computerbetrug.de werden seit Wochen Kostenfallen und Tricks dubioser Anbieter dokumentiert. Aber auch das ARD-Magazin „Plusminus“ hat zum Thema Handy Payment recherchiert – und hat dabei ähnliche Erkenntnisse gewonnen: „Plusminus liegen zahlreiche Fälle von Geschädigten vor, die auf die neue Masche hereingefallen sind. Für belanglose Inhalte müssen sie bis zu 170 Euro zahlen. In einem Fall gingen die täglichen Abbuchungen selbst nach erfolgter und bestätigter Kündigung weiter“, berichtet der Hessische Rundfunk heute in einer Pressemitteilung. Betroffene Kunden hätten dabei kaum eine Chance, so der Sender weiter: „Da der Preis, wenn auch versteckt, angegeben ist, bestehen die Forderungen zu Recht.“

Ob letzteres tatsächlich so ist, dürfte womöglich bald die Gerichte beschäftigen. Computerbetrug.de und Dialerschutz.de ist ein Fall bekannt, bei dem ein Betroffener und sein Anwalt ihren Fall juristisch klären lassen wollen – gegebenenfalls mit Hilfe einer negativen Feststellungsklage, wie aus einem uns vorliegenden Schreiben hervorgeht. Gleichzeitig ist auch die Politik jetzt auf die Problematik aufmerksam geworden. Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) übt in dem ARD-Bericht (Dienstag, 22.15 Uhr) scharfe Kritik an den Mobilfunkbetreibern, die beim Handy Payment für die Inhalteanbieter das Inkasso übernehmen. „Da gilt es jetzt zu reagieren und die Unternehmen aufzufordern, aus diesem System komplett auszusteigen“, so Künast. Wer im Internet Geschäfte machen wolle, der sei „dringend gehalten, Regelungen einzuführen und die auch knallhart einzuhalten“.

T-Mobile zieht schon Konsequenzen

Immerhin ein Mobilfunkbetreiber hat aus dem steigenden Missbrauch tatsächlich schon Konsequenzen gezogen. In einer Mail, die vor knapp zwei Wochen versandt wurde und unseren Seiten vorliegt, informierte T-Mobile die Anbieter, dass man teure Abonnements über Handy Payment nicht länger unterstützen wolle. Gleichzeitig wurden die Anbieter aufgefordert dafür zu sorgen, dass T-Mobile-Kunden das Zahlungssystem in seiner jetzigen Form nicht mehr nutzen können. Die Konsequenz: In den Handy Payment-Abfragemasken, in denen Kunden für die Buchung ihre Handynummer eintragen sollen, erscheinen seit kurzem deutliche Hinweise. Nach diesen ist die Nutzung für T-Mobile Kunden nicht mehr möglich. Gegenüber Plusminus bestätigte T-Mobile-Sprecherin Marion Kessing unsere Erkenntnisse: Einwahlen über T-Mobile würden demnächst „endgültig vom Netz genommen“.

Hinweis: Das Magazin „Plusminus“ wird am Dienstag, 06. September, um 22.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.