Razzia: Polizei geht gegen Firma ATS vor

Großrazzia gegen mutmaßliche Telefonabzocker: Polizei und Staatsanwaltschaft haben heute in Hamburg, Mannheim und Friedberg insgesamt sieben Wohnungen und Büros durchsucht.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges und des versuchten Betruges in 901 Fällen richteten sich vor allem gegen den 50-jährigen dänischen Geschäftsführer eines Hamburger Unternehmens, berichtet die Hamburger Polizei. Ein Firmenname wurde nicht genannt. Nach Informationen von Dialerschutz.de dürfte es sich jedoch um die einschlägig bekannte Audiovisual Telecom Services GmbH (ATS) handeln.

Es war zehn Uhr am Freitagvormittag, als Staatsanwälte und Polizeibeamte zeitgleich in den drei Städten an die Türen von Büros, Anwaltskanzleien und Inkassofirmen klopfen. Ihr Vorwurf: Betrug und versuchter Betrug in bislang bekannten 901 Fällen. Die in Hamburg-Hammerbrook ansässige Firma hatte in Zeitungen, im Teletext und im Fernsehen für erotische Dienstleistungen per Telefon geworben. Sobald ein Anruf auf die angegebene, ganz gewöhnliche Festnetznummer erfolgte, so die Ermittlungen, stellten Mitarbeiter der Firma den jeweiligen Anschlussinhaber fest. Dann schickten sie ihm eine Rechnung, weil er durch das Telefonat angeblich ein Monatsabonnement für den Zugang zu telefonischen „Erotik-Dienstleistungen“ abgeschlossen habe. Die Rechnungen beliefen sich laut Polizei in der Regel auf Beträge von 65,95 Euro.

Die Masche, mit der offenbar die gesetzlichen Regelungen und Tarifgrenzen für 0190- und 0900-Nummern umgangen werden sollten, lief nach Polizeiangaben seit dem 21. Oktober 2002. Nicht nur im gemeinsamen Forum von Dialerschutz.de und Computerbetrug.de stapelten sich seitdem die Beschwerden. Betroffene bezweifelten vor allem, dass durch einen Anruf unter einer gewöhnlichen Nummer tatsächlich ein Vertrag über ein Monatsabonnement abgeschlossen werden könne. Wer sich weigerte, die Rechnung zu bezahlen, wurde den Meldungen zufolge durch Schreiben von Rechtsanwälten und Inkassofirmen unter Druck gesetzt. Dass die Firma ATS jemals versucht hätte, ihre behaupteten Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, ist nicht bekannt. Nach einem Bericht der Hamburger Morgenpost vom Juli 2004 – der bisher unwidersprochen blieb – gehören die ATS (und ihre mutmaßliche Vorgängerfirma IBC) zu einem dänisch-spanischen Firmengeflecht, das unter dem Namen „Skandinavien-Connection“ bekannt wurde. Zu diesem Geflecht gehörten demnach auch die Firmen D-SMS, Persolvo Inkasso, HFM, Digital Web Media Limited und HAS. Letztere wurden durch die so genannten Hanseaten-Dialer bekannt. Auch hier wurden Rechnungen für angeblich abgeschlossene Erotik-Abonnements verschickt. Der Vertragsabschluss sollte dabei über Dialer-Einwahlen auf ganz normale Festnetznummern erfolgen. Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ist auch in diesem Fall seit mehreren Monaten ein Ermittlungsverfahren anhängig.

Insgesamt 901 Empfänger der dubiosen Rechnungen haben mittlerweile wegen des Verdachts des Betruges eine Strafanzeige erstattet, so die Hamburger Polizei. Wieviele Menschen tatsächlich betroffen sind oder waren, sei derzeit noch unklar. Die Ermittlungen werden von einer Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Hamburg und der Kripoabteilung des Polizeikommissariates 41 geführt. Bei den Durchsuchungen wurden schriftliche Unterlagen sowie Computer sichergestellt. Die Auswertung dieser Beweismittel werde noch längere Zeit in Anspruch nehmen.