Großrazzia: Fahnder nehmen auch lesen.to ins Visier

Bei der Razzia gegen illegale eBook-Portale hatten die Fahnder auch die Seite lesen.to im Visier. Symbolbild: haitaucher39/fotolia.com

Bei der Razzia gegen illegale eBook-Portale hatten die Fahnder auch die Seite lesen.to im Visier. Symbolbild: haitaucher39/fotolia.com

Bei der Großrazzia gegen mutmaßliche Verantwortliche von illegalen eBook-Plattformen für eBooks vergangene Woche stand auch die Seite lesen.to im Visier. Das berichtet jetzt eine Anwaltskanzlei.

Am 9. Dezember 2014 hatten Polizeibeamte unter Federführung der Staatsanwaltschaft München an 35 Standorten Wohnungen durchsucht. Im Visier der Ermittler standen mutmaßliche Verantwortliche mehrerer illegaler eBook-Plattformen. Betroffen waren unter anderem Verdächtige, die die Plattformen ebookspender.me und spiegelbest.me betrieben haben sollen. Beide Seiten sind seitdem nicht mehr erreichbar.

Die Aktion richtete sich daneben aber auch gegen mutmaßliche Drahtzieher der Plattform lesen.to, berichtet jetzt die auf Urheberrechtsverstöße spezialisierte Kanzlei Waldorf Frommer. Die Maßnahmen der Münchner Staatsanwaltschaft gingen demnach auf die Strafanzeigen führender Verlagsunternehmen zurück, die von der Kanzlei vertreten werden.

Mit jeweils weit über 60.000 urheberrechtlich geschützten Verlagstiteln zählten die Seiten zu den größten Plattformen für den Vertrieb illegaler eBooks, so die Kanzlei weiter. Finanziert hätten sich die Angebote entweder durch Mitgliedsbeiträge oder durch Werbung.

Die konzertierte Aktion erfolgte den Anwälten zufolge „unter größter Geheimhaltung und intensiver Vorarbeit der Ermittlungsexperten der Kanzlei und CounterFights. “Wir freuen uns, dass im Zuge einer monatelangen Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden ein nachhaltiger Ermittlungserfolg zu verzeichnen ist, der nicht etwa die Mitläufer, sondern die maßgeblich Verantwortlichen erfasst”, ließ sich Björn Frommer, Geschäftsführer der Kanzlei, zitieren.

Warum ist lesen.to noch online?

Lesen.to, das mit Abstand größte Portal dieser Art, ist freilich weiter online. Eine Stichprobe am heutigen Montag ergab, dass auf dem Portal auch weiter täglich Links zu ebook-Downloads veröffentlicht werden. „Von daher ist der Grund der Freude von Herrn Frommer schwer nachvollziehbar“, kommentierte Lars Sobiraj auf tarnkappe.info die Pressemitteilung. „Ebookspender.me hatte maximal 45.000 Seitenzugriffe monatlich und war ein vergleichsweise kleiner Vertreter. Das Blog Spiegelbest.me kam am Schluss sogar nur auf 6.000 Seitenzugriffe pro Monat. Von einem nachhaltigen Erfolg kann man hier eigentlich nicht sprechen, zumal Lesen.to im November über 1.6 Millionen Zugriffe monatlich vorweisen kann.“

Warum lesen.to trotz der Razzia weiter online ist, darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Möglich ist, dass die eigentlichen Betreiber des Portals nicht gefasst wurden. Denkbar ist auch, dass bei den Verantwortlichen zwar durchsucht wurde, die Ermittlungsbehörden aber schlichtweg keinen Zugriff auf die Server haben – etwa, weil ihnen die Passworte fehlen oder die Zugänge anderweitig geschützt sind.

Grundsätzlich denkbar ist aber auch eine dritte Möglichkeit: lesen.to läuft – unter Kontrolle der Behörden – seit der Razzia als sogenannter Honeypot weiter: Zugriffe auf die Server würden dann möglicherweise mitprotokolliert, um illegale  Downloader und vor allem Uploader identifizieren zu können. Dabei dürften Rechteinhaber und Abmahnanwälte vor allem solche Nutzer im Blick haben, die illegale Kopien von eBooks zum Download zur Verfügung stellen. Ihnen drohten dann – sofern sie identifiziert werden können – weitere Ermittlungen, Durchsuchungen und Schadensersatzforderungen.

Reine Downloader auf lesen.to & Co. dürften, so zumindest die Erfahrungen der Vergangenheit, eher wenig zu befürchten haben. Zumindest war es bisher so, dass sich Rechteinhaber und Ermittlungsbehörden vor allem auf die  Verantwortlichen der Urheberrechtsverletzungen konzentrierten, nicht auf die Nutznießer. Dass es einmal anders läuft, kann allerdings auch nie ausgeschlossen werden.