Gewinn-Briefe mit 0900-Nummern

Auch die gute alte Briefpost wird von Abzockern genutzt, um mit 0900-Nummern abzuzocken. Dabei spielen angebliche Gewinne eine wichtige Rolle.

Marie-Luise Weber freute sich. Als die 72-Jährige morgen zum Briefkasten ging, lag darin nicht nur ihre Zeitung sondern auch ein Brief einer Firma namens Lincoln & Benz. Sie habe einen Opel Astra im Wert von 16.300 Euro gewonnen, hieß es darin. Frau Bach von der „Auslieferungszentrale Lincoln & Benz“ wollte lediglich noch wissen, wie sie lieber das Auto oder Bargeld wolle – und ob die glückliche Gewinnerin ein Wunschkennzeichen habe.  Frau Weber solle einfach nur eben anrufen unter der Nummer 0900-5869431303. Die Rentnerin tat wie gewünscht, rief die 0900-Nummer an – und beantwortete an einem Sprachcomputer über 30 Minuten lang Fragen zu ihrer Person, immer wieder unterbrochen von Musikeinspielungen und Bandansagen.

Zwei Wochen später bekam Marie-Luise Weber wieder Post – die Telefonrechnung. Über 100 Euro hatte sie der Anruf auf die teure 0900-Nummer gekostet. Das angeblich gewonnene Auto bekam sie dagegen nie.

Kein Einzelfall. „Sie haben gewonnen“ oder „Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem garantierten Gewinn“. So und ähnlich beginnen Briefe, die dem Empfänger vorgaukeln, er habe – übrigens in der Regel ohne sein Zutun – das große Los gezogen. Der Weg zum Bargeld, zur Traumreise oder gar zum Haus ist allerdings meist an eine Bedingung gebunden: Um „die Adresse zu überprüfen“, „sicher zu gehen, dass wir dem Richtigen Gewinner das Geld auszahlen“ oder „die nötigen Formalien abzuwickeln“ soll man doch bitteschön unter einer 0900-Nummer (früher auch 0190-Nummer) zurückrufen.

Wer in gutem Glauben anruft, hat in der Regel mehr verloren als gewonnen. Umständliche Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung ziehen das Gespräch unnötig in die Länge (und steigern die Kosten des Gesprächs). Auf den versprochenen Gewinn wartet man dann jedoch umsonst. Solche „Gewinnbenachrichtigungen“ gehören also grundsätzlich in den Müll. Zumal, wenn der Absender sich hinter einer Postfachadresse oder im Ausland versteckt.

 

§ 661 BGB soll Abzocker bremsen

Seit Juli 2000 macht es das Gesetz solchen Abzockern immerhin etwas schwerer. Denn § 661 BGB besagt seitdem, dass versprochene auch tatsächlich ausgehändigt werden müssen: „Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten“, heißt es darin.

Die Gewinnspiel-Betrüger verstecken sich seit diesem Zeitpunkt häufig hinter ausländischen Briefkästen oder gewagten Formulierungen und hoffen darauf, dass Geschädigte aus Angst vor den Kosten eines Verfahrens die versprochenen Gewinne nicht einklagen. Zu Unrecht: Im Frühling 2003 reichten gleich mehrere angebliche Gewinner Klage gegen einen Versender solcher Gewinnbriefe ein – sie wollen ihre versprochenen Summen ausbezahlt bekommen. Mit Erfolg: So entschied etwa das Landgericht Augsburg in den Jahren 2003 und 2004 in mehreren Verfahren, dass das betroffene Unternehmen die versprochenen Gewinne auszuzahlen habe. Möglich war dieser Erfolg freilich nur, weil die Opfer und ihre Anwälte sehr gut recherchiert hatten und die tatsächlichen Hintermänner der Abzocke dingfest machen konnten. Dies gelingt allerdings nur sehr selten.

 

Das wartende Postpaket

„Eine Paketsendung an Sie konnte nicht zugestellt werden. Das Paket wird höchstens fünf Tage für Sie gelagert. Bitte rufen Sie dringend an, um einen Liefertermin zu vereinbaren.“ Karten mit Texten wie diesem, gelegentlich sogar persönlich adressiert, landeten Anfang 2003 vermehrt in deutschen Briefkästen. Die Paketsendungen gab es natürlich nicht – die teure Telefonnummer schon. Wer im guten Glauben anrief, um den Liefertermin zu vereinbaren, landete bei einer Bandansage, die natürlich über eine teure Servicenummer lief.

 

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