Abofallen im Internet

Abofallen im Internet halten Deutschlands Verbraucher seit Herbst 2006 in Atem. Politik und Justiz sahen jahrelang tatenlos zu, wie Millionen Menschen durch Internetseiten mit versteckter Kostenpflicht um ihr Geld gebracht wurden, und Inkassofirmen und Anwälte Angst und Schrecken verbreiteten. Erst 2012 gab es neue Regeln, um die Abofallen-Abzocke zu stoppen. Doch fragwürdige Geschäftsleute haben längst neue Abofallen entwickelt. Computerbetrug.de zeigt die Tricks der Täter – und warum es sich lohnt, fragwürdige Rechnungen nicht zu bezahlen.

Abofallen und das Prinzip der versteckten Kosten

Abofallen im Internet sorgen schon seit Jahren für Verunsicherung im Netz. Bild: Haramis Kalfar, Fotolia.com

Petra S. freut sich. Bei Google hat sie nach dem Text eines aktuellen Hits gesucht und ihn gefunden. „Alle Songtexte gratis“ heißt es auf der ersten Internetseite, die ihr die Suchmaschine vorgeschlagen hat. „Um unseren Dienst nutzen zu können, melden Sie sich bitte an“, steht auf der Seite weiter. Petra S. füllt arglos die Zeilen für Name, Adresse, und Mailadresse und bestätigt auch mit einem Klick, dass sie „AGB und Verbraucherinformationen“ gelesen habe. Dann klickt sie auf „Absenden“. Auf der Seite findet sie dann einen Link  zu einer Datenbank – und wenig später eine Rechnung über 89 Euro in ihrem Mailpostfach. Begründung: Mit der Anmeldung auf der Songtexte-Seite habe sie einen kostenpflichtigen Abo-Vertrag geschlossen.

Abofallen im Internet: Fünf Millionen Opfer in wenigen Jahren

So wie Petra S. ging es Schätzungen zufolge über fünf Millionen Menschen in den vergangenen Jahren. Das Prinzip von Abofallen und Vertragsfallen im Internet ist sehr einfach: Die Täter denken sich ein Thema aus, das vermutlich viele Menschen interessiert. Beliebt sind etwa Wissenstests und IQ-Tests, SMS-Versand, Fabrikeinkauf, Warenproben, Geburtstags-Infos, Mitfahrten, Führerscheintests, Download von kostenlosen Programmen, angebliche Gratis-Dienste oder Gesundheitstests.

Zu diesem Thema stellen die Täter eine Internetseite online. Dabei im Mittelpunkt: Ein Anmeldeformular, auf dem Kostenpflicht der „Dienstleistung“ nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.

Um den Dienst in Anspruch nehmen zu können, muss der Internetnutzer „nur“ seine Daten in das Formular eintragen – und die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und „Verbraucherinformationen“ oder Ähnliches per Klick bestätigen.

Doch genau hier steckt der Haken. Denn eben in jenen AGB oder Verbraucherinformationen, oft auch klein gedruckt und unauffällig am Rand der Internetseite, schreiben die Täter, dass die Nutzung des Dienstes etwas koste.

Dass diese „Kostenpflicht“ vom Verbraucher übersehen wird, ist von den Betreibern der Seite so gewollt. Statt klar und deutlich auf ihre Preise hinzuweisen, werden die Opfer in die Irre geführt.

 

Technische Tricks und Manipulationen

Versteckte Preisangaben sind nur eine Masche der Internet-Abzocker. Hinzu kommt, dass  moderne Wegelagerer auch mit technischen Tricks und Manipulationen arbeiten, um ihre Opfer abzuzocken.

Verschiedene Internetseiten im Einsatz

Internetseiten sind nicht in Stein gemeißelt. Tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass Abzocker ihre Webseiten binnen weniger Stunden ändern. So kann zum Zeitpunkt, als sich viele Menschen bei einem Internetdienst anmeldeten, der Preis noch gut versteckt gewesen sein. Wenn dann die Rechnungen und Mahnungen herausgeschickt werden, baut der Täter eine klare und deutliche Preisangabe auf seinen Seiten ein – und behauptet, diese Angabe sei immer schon dagewesen. Dass er das spätestens in einem Gerichtsprozess beweisen müsste, stört den Abzocker nicht – denn so weit lassen es dubiose Geschäftemacher in solchen Fällen nicht kommen. Eher verzichten sie auf ihre Beute.

Ebenfalls ein beliebter Trick ist die Arbeit mit einer „offiziellen“ und einer „inoffiziellen“ Seite. In diesem Fall haben die Täter eine Internetseite, auf der mehr oder weniger klar auf eine Kostenpflicht hingeweisen wird. In die Falle gelockt werden die Opfer jedoch mit einer zweiten Seite, für die zum Beispiel in Werbe-E-Mails oder bei Google geworben wird. Auf jener personalisierten Seite – auch Landungsseite oder Landung Page genannt – ist keine oder nur eine eine sehr versteckte Preisangabe zu finden. Wenn das Opfer später zurückverfolgen will, was passiert ist, sieht es nur die offizielle Seite mit der klaren Preisangabe.

 

Automatische und unbemerkte Anmeldung

Immer wieder berichten Betroffene, sie hätten sich niemals bewusst auf einer solchen Seite angemeldet – und trotzdem Rechnungen und Mahnungen erhalten. Der Grund dafür können technische Manipulationen sein. Dank moderner Browser ist es heutzutage nämlich gar nicht mehr nötig einen Anmelde-Button zu betätigen, um Formulardaten zu übertragen. Falls auf der Webseite eine Technik eingesetzt wird, die auf XMLHttpRequest beruht (Ajax, XML-RPC, SOAP), ist es möglich auf dem Server jeden Tastenklick des Browsers zu protokollieren. Lange bevor das Webformular abgeschickt wird (falls überhaupt), kann der Formularinhalt also schon an den Seitenbetreiber übertragen worden sein – mit der Folge, dass er diese Daten für seine Rechnungen nutzen kann.

 

Abofallen: Datenmissbrauch und Rechnung ohne Anmeldung

Immer wieder wird deutlich, dass Abzocker die Daten potenzieller Opfer aus Gewinnspielen heraus generieren. Wer bei Verlosungen im Internet Name und Adresse herrausgibt, muss unter Umständen damit rechnen, dass die Angaben in die Hände dubioser Geschäftemacher gelangen.

Mit den Daten argloser Verbraucher wird im Internet ein reger Handel betrieben. Die Folge: Besonders skrupellose Abzocker haben für sich einen eigenen Weg gefunden, Opfer um ihr Geld zu bringen. Sie verschicken einfach Rechnungen und behaupten, die Empfänger hätten sich auf einer kostenpflichtigen Seite angemeldet. Was natürlich überhaupt nicht stimmt. Versteckt hinter einer Briefkastenfirma oder einer Tarnadresse im Ausland müssen die Täter dann nur noch warten, dass Menschen so dumm sind und die völlig ungerechtfertigten Rechnungen tatsächlich bezahlen – was leider gar nicht so selten ist.

 

Inkasso mit Rechnung, Mahnung und Drohungen

Wer seine Daten erst einmal auf einer Internetseite mit versteckten Kostenangaben eingegeben hat (bzw. dessen Daten automatisiert eingetragen wurden), ist in den Fängen der Betreiber gelandet. Denn die versuchen nun, an das Geld für ihre „Dienste“ zu kommen. Das beginnt mit dem Versand einer Rechnung, kostengünstig per Mail. Wer darauf nicht reagiert, erhält die erste Mahnung, oft die zweite und die dritte auch noch. Der Ton wird dabei immer schärfer, die Rede ist von Schufa-Einträgen, Verlust der Kreditwürdigkeit, drohenden Einträgen in Schuldnerverzeichnissen, sogar Strafanzeigen stünden angeblich ins Haus.

Im Bemühen, das Geld einzutreiben, werden in aller Regel auch willfährige Anwälte und Inkassofirmen eingesetzt. Was dabei verschwiegen wird: Anwälte und Inkassofirmen haben in diesem Fall auch keine anderen Befugnisse als jede Privatperson auch. Trotz klangvoller Namen.

 

Widerstand gegen Abofallen lohnt – wann die Täter aufgeben

Nach einer gewissen Zeit, in der Regel zwischen sechs Monaten und einem Jahr, hören die Einschüchterungsversuche allerdings auf. Die Täter sehen ein, dass ihre Drohbriefe nichts bringen und sehen von der weiteren Inkassotätigkeit ab. Kein Wunder: Da sie zumeist in einer rechtlichen Grauzone agieren können sie es sich nicht leisten, vor Gericht zu ziehen (auch wenn sie das Gegenteil behaupten). Die Richter würden ihnen ihr Geschäftsmodell um die Ohren hauen.

 

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