Dialer-Anwalt Syndikus mahnt Verbraucher-Forum ab

Für Dialer-Opfer ist es ein Schlag ins Gesicht: Ausgerechnet der Münchner Rechtsanwalt Bernhard Syndicus, bekannt als Geschäftsführer der Dialer-Firma Global Netcom, geht gegen das Forum von Computerbetrug.de und Dialerschutz.de vor. Syndikus behauptet, dass im Forum „permanent Verstöße gegen das Rechtsberatungsgesetz“ stattfänden. Per Abmahnung fordert er jetzt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Die Betreiber des Forums sprechen von einem „Maulkorb“ und kündigten an, sich zur Wehr zu setzen. Die Affäre könnte Folgen für Internetforen in ganz Deutschland haben.

Computerbetrug.de/Dialerhilfe.de und Dialerschutz.de zählten zu den renommiertesten Verbraucherschutzseiten Deutschlands. Sie werden unter anderem von der Bundesregierung, etlichen Polizeidienststellen und auch dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ausdrücklich empfohlen. Entsprechend beliebt ist das Forum der Seiten. Mehrere tausend Besucher informieren sich darin täglich über Computerkriminalität, Spam und Gefahren beim Onlinehandel. Einen großen Part nehmen seit Jahren auch die Diskussionen über Dialer und Mehrwertdienste ein. Betroffene schildern im Forum ihre Probleme und Erfahrungen, warnen vor neuen Gefahren und versuchen sich gegenseitig zu helfen.

Genau hier setzt Anwalt Syndikus den Hebel an. Der Jurist, der als Betreiber der Dialer-Firma Global Netkom mehrfach in die Schlagzeilen geriet, sieht in diesen Diskussionen eine „massenhafte Einzelfallberatung in rechtlichen Angelegenheiten“, was den Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes widerspreche. Als „exemplarisch“ bezeichnet Syndikus in seiner Abmahnung ausgerechnet einen Diskussionsstrang über die so genannten „Hanseaten-Dialer“. Tausende Internetsurfer hatten in den vergangenen Monaten – wie berichtet – nach Dialer-Einwahlen Rechnungen für angebliche Abonnements erhalten. Regulierungsbehörde und Verbraucherschutzorganisationen rieten dazu, diese nicht zu bezahlen. Die Diskussionen dazu im Forum der Seiten sieht Syndikus dagegen als unerlaubte Rechtsberatung. Das sei ein „Wettbewerbsverstoß“ argumentiert der Anwalt aus der Münchner Kanzlei Gravenreuth. Denn immerhin heiße es im Titel des betroffenen Forums, „auch Geschädigte können ihr Problem hier schildern“. Mit dieser Formulierung werde, so Syndikus, „unmittelbar“ zur Rechtsberatung aufgerufen.

Als Konsequenz aus den angeblichen Rechtsverstößen fordert Syndikus jetzt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Der Betreiber des Forums solle sich verpflichten, keine Rechtsberatungen durchzuführen und diese im Forum auch durch Dritte nicht zu dulden. Auch dürfe das Forum zum Thema Dialer und Mehrwertdienste nicht mehr mit dem Text „Auch Geschädigte können ihr Problem hier schildern“ überschrieben werden. Bei Zuwiderhandlungen will Syndikus für jeden Einzelfall 5000 Euro kassieren. Den Streitwert hat der Jurist auf 25.000 Euro angesetzt, die Kostennote auf rund 620 Euro.

Auf der „Sünderkartei“ der Regulierungsbehörde

Dass ausgerechnet Syndikus gegen ein Verbraucherforum zum Thema Dialer vorgeht, ist mehr als pikant. Denn der Anwalt ist zugleich Chef der Dialer-Firma Global Netcom und geriet als solcher mehrfach in die negativen Schlagzeilen. „Auf dutzenden von fiesen Dialer-Seiten ist er als Rechtsbeistand oder gar als Admin-C eingetragen“, berichtete so etwa Onlinekosten.de am 13. Januar 2004 über Syndicus. Im Februar sorgte der Jurist im Internet für Empörung, als er die Betreiber der Seite emule.de abmahnte. Auch Dialerschutz.de geriet ins Visier des Anwalts. Er forderte die Seite unlängst auf, einen Screenshot zu entfernen, der den Dialer eines seiner Mandanten zeigte. Seit einigen Wochen ist Bernhard Syndikus’ Unternehmen zudem gleich mehrfach in der öffentlichen „Sünderkartei“ der Regulierungsbehörde zu finden. Die Regulierer entzogen mehreren Einwählprogrammen der Global Netkom nachträglich die Registrierung, weil diese, so die Behörde, nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprachen.

Verband: „Eingriff in die Meinungsfreiheit“

Ist die Abmahnung also nur ein Einschüchterungsversuch oder steckt Methode dahinter? Der Interessenverband Deutsches Internet e.V. (I.D.I.) sprach in einer ersten Reaktion von einem „schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Meinungsfreiheit und gleichzeitig untauglichen Versuch, von Ermittlungen gegen die eigene Person abzulenken“. Besonders empört zeigte sich Jochen Diebel, Journalist und Vorstand des I.D.I. über Syndikus Formulierung in der Abmahnung, die Betreiber des Forums „besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung“ zur Führung eines solchen Forums. „Wem hier die nötige Eignung und ethische Verantwortlichkeit nach §1 RBerG fehlt, ist wohl eher Herr Syndikus“, so Diebel. „Solchen Versuchen muss mit aller Schärfe entgegengetreten werden.“

Sollte Syndikus dennoch mit seiner Argumentation auch vor Gericht durchkommen, müssten viele Betreiber von Internetforen zittern. Denn die Grenzen zwischen allgemeinen Tipps und rechtlicher Beratung sind sehr oft fließend. Betreiber von öffentlichen Diskussionsforen müssten also damit rechnen, bei unliebsamen Meinungsäußerungen eine Abmahnung einzufangen – und in der Folge jedes Wort ihrer Besucher auf die Goldwaage legen. Das Ende der Meinungsfreiheit im Internet wäre dann nicht weit.